Montag, 16. April 2012

Krieg oder Frieden

„Wer einen Fehler gemacht hat und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.“

Konfuzius

Der Fehler „Europäische Währungsunion“ entstand aus dem Gedanken, „dass Staaten, die eine gemeinsame Währung haben, nie Krieg gegeneinander führen“. Dieser Gedanke war schon der zweite Fehler; der erste Fehler bestand darin, sich gar nicht bewusst gemacht zu haben, was eine Währung ist und woraus Kriege entstehen. Wäre man sich dessen bewusst gewesen, hätte man zuerst die nationalen „Währungen“ in echte Währungen (konstruktiv umlaufgesicherte Indexwährungen) umgewandelt, die nationalen Bodenrechtsordnungen korrigiert und den zollfreien Handel (Freihandel) zwischen den europäischen Staaten eingeführt. Der dauerhafte Frieden wäre dadurch bereits gesichert gewesen:

1) Der kämpfende Pazifist, der sich der Größe seiner Aufgabe bewusst ist, wird keinen Unterschied machen zwischen Bürger- und Völkerkrieg, zwischen äußeren und inneren Feinden. Für ihn gibt es nur einen Krieg, nur einen Frieden. Mit gleicher Macht erstrebt er den Frieden nach innen wie nach außen.

2) Der Pazifist, der tiefer in die Beweggründe der Kriege schaut, geht noch einen Schritt weiter in der Beurteilung des Bürger- und Völkerfriedens und sagt, der Kriegsgeist, der Geist der Gewalt, ist ein Kind des chronischen bürgerlichen Kriegszustandes, der die Eingeweide aller Kulturvölker zerreißt. Wer diesen Geist bekämpfen will, muss ihn in erster Linie als Bürger im eigenen Lande bekämpfen. Der Weg zum Völkerfrieden geht über den Weg des Bürgerfriedens und nicht umgekehrt.

3) Das, was die Völker und Volksklassen in Waffen gegeneinander treibt und immer getrieben hat, sind Dinge wirtschaftlicher Natur, die Notzustände schaffen oder vorherrschen lassen, und für diese Zustände gilt das Gesetz: NOT KENNT KEIN GEBOT. Die Not bricht nicht nur Eisen, sondern auch Verfassungen, Verträge und Bündnisse und setzt sich über alle moralischen, ethischen und religiösen Hemmungen hinweg. Nichts ist schließlich der Not heilig als der Kampf gegen ihre Ursachen.

4) Auf die Beseitigung solcher Notzustände hat also der ernsthafte Friedenskämpfer sein Augenmerk zu richten, unbeschadet seiner etwaigen Überzeugung, dass der Frieden oder wenigstens der Friedenswunsch mit moralischen, religiösen und ethischen Mitteln auch noch gefordert werden könne.

5) Der Notzustand, der zu den Kriegen treibt, hat wenigstens bei den heutigen Industrie- und Handelsvölkern seinen Grund nicht in einem naturgegebenen Mangel an Industrie- und Nährstoffen, sondern in unseren gesellschaftlichen Einrichtungen, die die Produktion und den Austausch beherrschen und die Arbeit tributpflichtig machen, wobei der Umstand noch erschwerend wirkt, dass zur Sicherung dieses Tributes der Produktion und dem Tausch Hemmungen bereitet werden müssen, die zu Krisen und Arbeitslosigkeit führen. Die gesellschaftlichen Einrichtungen, um die es sich da handelt, sind das Privateigentum an Grund und Boden und das herkömmliche, aus dem Altertum in unveränderter Gestalt von uns übernommene Geldwesen, dessen Mängel immer offensichtlicher geworden sind. Grund- und Geldbesitzer fordern Zins, sonst sperren sie der Produktion den Boden und dem Austausch der Produkte das Geld. Dieser Zins überträgt sich automatisch auf das gesamte Wirtschaftsleben und schafft das, was als Kapitalismus bezeichnet wird.

6) Der Kapitalismus hat den Zerfall des Volkes in zwei Klassen verursacht und vollendet: die Klasse der Nutznießer und die der Nutzgenossenen. Jene hoch- und übermütig, nimmersatt, immer bereit, ihren Interessen Glück und Lebensfreude aller anderen Menschen zu opfern, diese dagegen mühselig und beladen, ungebildet, neidisch, ewig auf eine günstige Gelegenheit zur Empörung und Befreiung lauernd und weit entfernt von jener geistigen Einstellung, die die Rache ablehnt.

7) Der Kapitalismus muss einem Gesellschaftszustand Platz machen, in dem das Recht auf den VOLLEN ARBEITSERTRAG verwirklicht ist, wo jeder von der Arbeit leben muss, wo der Glaube an die eigene physische und geistige Kraft das zum gerechten Urteil nötige wirtschaftliche Sicherheitsgefühl verschafft und einer biologischen Betrachtung aller menschlichen Angelegenheiten Platz macht, die das Streben nach Monopolstellung einerseits, nach utopischer Gleichmacherei andererseits in gleicher Weise ablehnt.

8) Die Überwindung des Kapitalismus, das Recht auf den vollen Arbeitsertrag, fordert zwei Reformen von einschneidender Natur: FREILAND, d. h. die Liquidierung des Privateigentums am Boden, das gleiche Recht aller Menschen auf den Boden (die Erdkugel) und FREIGELD, d. h. Ersatz des heutigen Geldes durch ein Tauschmittel, das den Zins nicht zur selbstverständlichen Voraussetzung seines Umlaufes macht, das der Vermehrung von Realkapital keine Grenzen zieht und so den aus dem natürlichen Streben nach Eigentum und aus der gewaltigen Produktionskraft des modernen Arbeiters entstehenden Druck auf den Kapitalzins bis zu dessen völliger Beseitigung wachsen lässt.

9) Die für den Völkerfrieden so gefährliche nationalistische Zollwirtschaft, der jetzt so gut wie alle Nationen huldigen, ist eine fast zwangsläufig sich einstellende Nebenerscheinung der Mängel unseres Geldwesens und des Instituts des Privateigentums an Grund und Boden. Der Grundbesitzer will seine Grundrente erhöhen oder sie wenigstens vor Niedergang schützen und fordert deshalb die Sperrung der Grenzen für alle ausländischen Agrarprodukte. Falls sein Besitz hypothekarisch belastet ist, wird er bei jeder Deflation (Preisfall) zu solcher Politik durch die wachsende Schwere seiner Schuldenzinsen gezwungen. Die Industriellen wiederum wollen durch den Zoll wenigstens den heimischen Markt, den die gleiche Ursache, die Deflation, gestört hat, für den Absatz ihrer Produkte sichern.

10) Mit der Liquidierung des Privatgrundbesitzes und mit der durch das Freigeld ermöglichten INDEXWÄHRUNG werden die Triebkräfte, die zur Zollwirtschaft geführt haben, rasch erlahmen und die Forderung nach dem allgemeinen Weltfreihandel als eine Selbstverständlichkeit erscheinen lassen, aus dem Grunde, weil der Freihandel die in jedem Menschen mehr oder weniger lebendigen imperialistischen Triebe befriedigt und es sich erübrigen wird, sie als unmoralisch zu bekämpfen. Jeder Wirtschafter wird sagen können, dass er die Welt nicht mehr zu erobern braucht, weil er sie ja mit dem Freihandel schon fest in seinen Händen hält.

11) Eine Gesellschaftsordnung wie die heutige, die das Volk in eine übermütige, protzende Minderheit und in eine schwitzende, blöde Masse zerfallen lässt, steht nicht von selbst. Sie muss vor dem Ansturm der stets zu gewaltsamem Umsturz bereiten Massen von innen und außen gestützt werden. Hierzu können selbstverständlich physische Mittel allein nicht gebraucht werden, denn die Empörer sind durch ihre Masse in der physischen Übermacht. Physisch sind die Verteidiger unserer jetzigen Gesellschaftsordnung immer unterlegen gewesen. Dem aber, der sich einer Übermacht von so gewaltigem Umfang gegenübersieht, sind alle Mittel der Verteidigung willkommen. Die Verteidiger greifen zu den geistigen Mitteln, die die Geschichtsfälschung und die mit dem Nachrichtenmonopol ermöglichte Urteilsfälschung (die zum Fremdenhass führt) im Überfluss zur Verfügung stellen. Moral, Ethik, Religion und zum guten Teil auch die Wissenschaft werden in den Dienst der Verteidigung gestellt, d. h. man fälscht das alles um, bis dass aus solchen, die Menschheit sonst einigenden Kräften solche trennender, feindlicher Natur werden. Man verhetzt mit diesen Mitteln dann die Volksmassen international, sodass sie koalitionsunfähig werden und die Volksmassen sich schließlich zur Verteidigung der sie ausbeutenden Monopole in den Krieg führen lassen.

12) Der entschlossene Pazifist fordert darum neben allem Ändern auch den Abbau aller Staatsfunktionen, die dem Staate als geistige Machtmittel zum Zwecke der Verteidigung von den Nutznießern der heutigen Gesellschaftsordnung aufgebürdet worden sind.

13) Der wirtschaftlich orientierte Pazifist fordert also:
a)      Liquidierung des Privatgrundbesitzes in der ganzen Welt,
b)      ein von der Zinsforderung befreites Tauschmittel und Stabilisierung des Index (Indexwährung),
c)      allgemeiner Übergang zum Freihandel (Weltfreihandel),
d)      Abbau des Staates auf dem Gebiete der Moral, der Ethik, des Kultus und der Wissenschaft.

14) Wer die hier genannten vier Friedensforderungen gründlich und liebevoll durchdenkt, kommt erfahrungsgemäß schnell zu der Überzeugung, dass der durch sie ermöglichte Wohlstand, bzw. die Verdrängung von Armut und Reichtum, den durch den Kapitalismus gezüchteten allgemeinen Kriegsgeist schnell in sein Gegenteil wird umschlagen lassen und dass dann der von Ethikern, Moralisten und religiösen Gesellschaften seit Jahrtausenden nutzlos gestreute Friedenssamen in solchem Milieu von Wohlgesinntheit nunmehr fröhlich keimen kann und nicht mehr der Gefahr ausgesetzt sein wird, von den Dornen erstickt zu werden.

Silvio Gesell (Stabilisierung des Bürger- und Völkerfriedens, 1928)

Nach dem Ausgleich der wirtschaftlichen Unterschiede durch den Freihandel hätten sich die europäischen Staaten in einem zweiten Schritt freiwillig entscheiden können, ob es für sie vorteilhaft ist, mehrere Währungsräume und die entsprechenden Bodenverwaltungen zusammenzulegen. In der (noch) bestehenden Realität wurde jedoch der zweite Schritt vor dem ersten gemacht, sodass sich die wirtschaftlichen Unterschiede innerhalb der „Europäischen Währungsunion“ nicht nur nicht angleichen konnten, sondern aufgrund der Zinsumverteilung zwischen den Mitgliedsstaaten noch vergrößern mussten! Die schwächeren Volkswirtschaften trieb der Euro in die Zinssklaverei und an den Rand des Staatsbankrotts, während sich vor allem die deutsche Volkswirtschaft auf Kosten aller europäischen Zinsverlierer einigermaßen über Wasser halten konnte. Als kaum zu vermeidende Gegenreaktion wurden die deutschen Steuerzahler von der hohen Politik zwangsverpflichtet, für „Hilfskredite“ an die Not leidenden Mitgliedsstaaten zu bürgen.

Gewählte „Spitzenpolitiker“ und studierte „Wirtschaftsexperten“ kennen nicht einmal mehr die einfachsten Grundlagen der Volkswirtschaftslehre, die mit der Erstveröffentlichung von „Die Natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld“ (Silvio Gesell, 1916) abgeschlossen war. Die heute „Verantwortlichen“ haben längst vergessen, dass durch Zins und Zinseszins automatisch ansteigende Geldvermögen von wenigen Multimillionären, Milliardären und Konzernen eine spiegelbildliche Verschuldung von Mittelstand und Staat erzwingen, und dass dieser Verschuldungszwang niemals durch eine „gesetzliche Schuldenbremse“ aufzuhalten ist, solange alle Geldersparnisse nicht auch ohne Urzins (Liquiditätsverzichtsprämie) mittel- bis langfristig verliehen und in neue Sachkapitalien – und damit in Arbeitsplätze – investiert werden können. Der Aberglaube „Schuldenbremse“ zeigt in aller Deutlichkeit, dass die hohe Politik über keinerlei Bewusstsein verfügt, sondern seit jeher vom kollektiv Unbewussten gesteuert wird:

(Genesis 2,15-17) Und Gott der HERR nahm den Menschen (freier Unternehmer) und setzte ihn in den Garten Eden (freie Marktwirtschaft), dass er ihn bebaute und bewahrte. Und Gott der HERR (künstlicher Archetyp Jahwe = Investor) gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen (Gewinn bringende Unternehmungen) im Garten, aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen (Zinsgeld-Verleih) sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm isst, musst du des Todes (in religiöser Verblendung) sterben (Rückfall in die Barbarei).

Das völlige Versagen aller politischen „Machthaber“ seit nunmehr über 3200 Jahren ist umso erschreckender, als dass die halbwegs zivilisierte Menschheit mit dem eigentlichen Beginn der menschlichen Zivilisation nicht erst seit fast einem Jahrhundert im Rückstand ist, sondern schon seit fast zwei ganzen Jahrtausenden:



Stefan Wehmeier, 15. April 2012